Ich lese gerade dieses wunderbare Buch über tiefes Zuhören von Mark Nepo. Er erzählt, wie er jemand sprach, der ihm begeistert von sieben Tausend verschiedenen Sprachen erzählte, die es auf der Erde gäbe. So kam Mark Nepo auf die Idee, dass es doch auch sieben Tausend Wege des Zuhörens geben müsse. Natürlich ist dies nur als Metapher gemeint für viele verschiedene Möglichkeiten des Zuhörens. 

Mark Nepo schreibt sehr poetisch und schön über das Zuhören. Er führt aus, wie er in das tiefere Zuhören einsteigt. Er musste lernen, sich leer und offen zu machen für das Unbekannte. Tiefes Zuhören geht ins Risiko des Nicht-Wissens. Ich weiss nicht, was die andere Person sagen wird, wie sie es sagen wird und was sie damit eigentlich sagen will. Ich muss mich auf das Ungewisse einlassen, auf alles, was ich nicht weiss, was ich noch nicht verstehe. Ich akzeptiere diese Unsicherheit. Ich weiss, dass wenn tiefes Zuhören gelingt, dass ich danach ein anderer Mensch sein werde. 

Tiefes Zuhören ist, so Mark Nepo, so unvorhersagbar wie das Leben selbst. Die Praxis des Zuhörens ist vielleicht eine der herausfordernsten Kunstformen unserer Zeit. Zuhören öffnet die Türe zu allem Wesentlichen. Es fordert mich heraus, mich ganz der anderen Person hinzugeben. Ich gehe ganz auf in der anderen Person, erlebe sie ganz anders als bisher, ganz neu, noch unbekannt, ich lerne sie gerade erst kennen. Anders gesagt: Die andere Person darf in mir erscheinen, weil ich die Türe für sie öffne, weil ich still und wertschätzend mein Herz für sie bereite und ihr den Raum halte. 

Gutes Zuhören erfordert, dass ich das laute Denken abschalte und mich dem leisen Herzen zuwende. Mein Herz schafft und hält den Raum für das was gesagt werden will. Die Qualität meines Zuhörens bestimmt so, was gesagt werden will. Mein Herz, meine Aufmerksamkeit, meine ganze Energie, mein volle Gegenwärtigkeit und Konzentration richtet sich auf die andere Person und auf das was sie „eigentlich“ sagen will. So kann die Zukunft erscheinen. Wir beide erfahren auf einmal Wesentliches. Das Leben macht auf einmal Sinn. Beide sind wir ganz „bei uns“. Ich bin bei mir. Du bist bei dir. Und wir sind ineinander und erfahren wahre Authentizität. 

Leadership-Tipp der Woche

  • Öffnen Sie sich für die vielen Arten des Zuhörens.
  • Lassen Sie das Denken los und öffnen Sie ihr Herz.
  • Öffnen Sie es für alles was kommen mag – erwarten Sie das Unerwartete.
  • Lassen Sie den Menschen, Ihr Gegenüber, erscheinen – in aller Schönheit!

Herzliche Grüße
Alexander Schwedeler 

Mark Nepo: Seven Thousand Ways To Listen. Staying close to What is Sacred. London 2012.