Selbstorganisiertes Feedback

Wir kennen das alle: da nehmen wir uns vor, und schreiben das auch auf, dass wir uns immer ehrlich Feedback geben wollen, dass wir offen miteinander kommunizieren wollen, dass wir uns gegenseitig sagen wollen, wenn was nicht in Ordnung ist, oder was nicht stimmt. Und dann arbeiten wir weiter zusammen, machen das Feedback vielleicht einige Male halbherzig, vergessen was wir uns vorgenommen haben – und nach einer Weile ist der Konflikt da, und keiner traut sich, das offen auszusprechen. Die Erwartung lastet nun auf dem Vorgesetzen, dass sie oder er das Problem löst. Kommt Dir bekannt vor? Es gib solche “Kulturen”.

 

Die traditionelle Methode

Dann gibt es andere Kulturen. Da ist die Vorgesetze sehr fleißig, macht jede Woche ihre jour-fixe mit ihren Teammitgliedern, notiert sich regelmäßig alle todo’s ihrer Leute, verfolgt diese im jour-fixe nach, denkt bei allem mit, – und ist im Ergebnis völlig überlastet. Irgendwann ärgert sie sich über ihr Team und beklagt sich, dass ihr Team nicht gut genug sei, um selber mehr Verantwortung zu übernehmen. In den Jahresgesprächen gibt sie regelmäßig Feedback, zuerst was gut ist, dann was verbessert werden muss. Sie merkt nicht, dass die Jahresgespräche auf ihre Mitarbeiter*innen einen demotivierenden Einfluss haben. Die fühlen sich nicht wertgeschätzt, wollen mehr Gehalt. Die Teamleiterin aber sieht das gar nicht so. Die Leistung sei nicht gut genug. Und so setzt ein sich wiederholender Vorgang ein von Fleiss, vieler Meetings und Gespräche, Klagen über mangelnde Selbstverantwortung und Leistung, demotivierender Jahresgespräche – und schlussendlich folgt die innere Kündigung einiger Mitarbeiter. Die Besten verlassen das Team. Die anderen bleiben wegen des Geldes, oder aus anderen Gründen, sind aber nicht wirklich glücklich und motiviert bei der Arbeit.

In beiden Beispielen funktioniert das nicht richtig mit dem Feedback geben. Im ersten Beispiel könnte man selbstorganisierte Teams vermuten, oder ein junges Start-Up-Unternehmen, die sich was vornehmen, sich aber nicht dran halten. Im zweiten Beispiel hängt alles an der Vorgesetzen. Sie versucht zu treiben, zu kontrollieren, gibt Feedback, aber es führt nicht zu wirklicher Selbstmotivierung der Mitarbeiter*innen.

 

Wie kann Feedback gelingen?

Wie nun kann Feedback geben gelingen? Eine Möglichkeit habe ich in einem früheren blog-Beitrag beschrieben: die Nachbesprechung I und II. Hier lernt das Team unter der Anleitung der Teamleitung täglich, oder zumindest mehrmals pro Woche, sich gegenseitig Feedback zu geben. Und zwar immer direkt, kurz, konkret, nicht persönlich, hart an der Sache, mit Blick auf das Ganze, auf die Purpose. Die Nachbesprechung ist auch eine Möglichkeit, die Dinge von der Teamleitung zu lösen und ins Team zu tragen.

 

Von wem würden wir Feedback annehmen?

Welche weiteren Möglichkeiten für Feedback geben gibt es? Ich will dazu auf die innere Seite desjenigen hinweisen, der das Feedback gibt. Wie muss ich mich dabei fühlen? Wie muss ich mich darauf vorbereiten? Von wem würde ich Feedback gerne annehmen? Ist es nicht so, dass wir Feedback gerne von Menschen annehmen, denen wir vertrauen, die nach unserer Einschätzung Erfahrung haben mit dem Thema, um das es geht, die schon viel gesehen und erlebt haben, und die dadurch eine gewisse Lebensweisheit erreicht haben? Wenn das stimmt, und auf mich zum Beispiel trifft das durchaus zu – dann müsste also derjenige, oder diejenige, die Feedback gibt, einige dieser Eigenschaften aufweisen.

 

Klarheit und Empathie

Etwas, was solche erfahrenen und vertrauenswürdige Menschen auch haben, ist eine gewisse empathische Distanziertheit, oder anders formuliert: menschliche Nähe kombiniert mit einer angenehmen Sachlichkeit und Klarheit. Man fühlt sich bei solchen Menschen sicher aufgehoben und nimmt deren Feedback gerne an. Also müsste die Vorbereitung und Haltung für Feedback doch in diese Richtung gehen, als Frage formuliert: Wie kann ich möglichst klar sein und gleichzeitig empathisch? Wie kann ich das Feedback sachlich, konkret, verständlich, nicht persönlich, so geben, dass beim Feedback-Nehmer gleichzeitig Vertrauen und Sicherheit erlebt wird? Das erfordert entsprechende Vorbereitung.

Mehr dazu im nächsten Beitrag.

 

 

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